Stellt man mir die Frage, was ich von Beruf sei, bin ich etwas in Verlegenheit.
Künstler, sage ich dann. Eine einfache Antwort, aber sie löst meist Verwirrung aus.
Da ist einmal die bürgerliche Vorstellung von Beruf, die gar nicht mit der Vorstellung vom Leben und Arbeiten eines Künstlers zur Deckung gebracht werden kann.
Und dann: Von Beruf spricht man, wenn jemand durch eine Tätigkeit versucht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, anderenfalls spricht man von Liebhaberei. Der Beruf des Künstlers hat in der allgemeinen Perzeption etwas von beidem, wobei die Verwunderung vorherrscht, (die meist ziemlich ungläubig ist), dass man von so einer Tätigkeit, die ja allgemein als ziemlich nutzlos eingestuft wird, tatsächlich leben kann.
Der Beruf des Künstlers ist der Allgemeinheit suspekt.
Er entspricht nicht den bürgerlichen Kriterien, die allgemein von einem Beruf gefordert werden. Künstler werden meist als moderne Hofnarren angesehen, entbehrliche Außenseiter der Gesellschaft, Querschläger, die ganz bewusst die öffentliche Ordnung stören. Sie werden geduldet, da sie im Grunde nur eine unbedeutende Randerscheinung einer kompakten, bürgerlichen Gesellschaft darstellen, die sich großzügigerweise einen solchen Luxus leistet, und, in gewissen Kreisen, auch damit schmückt.
Im Bilde
Die Funktion des Künstlers in der Gesellschaft ist fragwürdig.
Das erklärt auch, warum zeitgenössische Künstler in der Regel nicht die geringste gesellschaftliche Bedeutung haben, die Kunst aber, wenn sie einmal etabliert ist, also als Anlageobjekt dienen kann, einen sehr hohen Stellenwert hat.
Rechtlich ist der Künstler Frei oder freischaffend, was so viel bedeutet, dass er für die Rentabilität seiner Unternehmung selbst verantwortlich ist. In dieser Situation muss sich der Künstler fragen, welche Rolle, er in der Gesellschaft spielt, was seine Aufgabe sein könnte oder ob es eine solche überhaupt gibt. Schließlich liegt das allgemeine Interesse an seiner Arbeit im Promillebereich. Wer ein Produkt herstellt, das so gut wie niemanden interessiert, verfügt über wenig Daseinsberechtigung.
Ist ein Künstler etabliert, wird er vermarktet und verliert seine Freiheit. Dieser Verlust wird ihm mit Geld versüßt.
Die Qualität einer Arbeit ist nicht unbedingt am Erfolg abzulesen. Die Marktlage ist äußerst dünn, die Kundschaft ebenfalls dünn gesät. Und sie ist häufig prätentiös, sie fordert vom Künstler den Hofknicks ein und interessiert sich in der Regel nur für das Renommee des Künstlers und den pekuniären Wert des Kunstobjekts. Kunst ist ein Geschäft für den Händler.
Erfolg bedeutet, dass der Künstler aus welchen Gründen auch immer, seine Produkte verkaufen kann, nichts weiter.
Die Mehrzahl der Künstler kann von ihrer Arbeit nicht leben.
Es gibt arrivierte Künstler. Sie sind in aller Munde- und meist nicht nur dort.
Die Frage, die sich stellt: ist es opportun, muss man, soll man, und ist diese Eingliederung in das Bürgerliche, dieses Einreihen in das allgemeine Gesellschaftstheater nicht dem Beruf abträglich, dem Selbstverständnis oder gar dem Selbstwertgefühl? Und beschneidet sie nicht seine Freiheit?
Kunst sollte die Welt kommentieren.
Die ernste Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und der Kommentar zur Welt im weitesten Sinne, führen zu unvermeidbaren Friktionen, die sich nur ein freier Künstler erlauben kann.
Dies ist ein kaum lösbarer Konflikt.
PS: Es gibt Nischen, in denen man frei und erfolgreich sein kann. Sie zu finden ist eine ganz besondere Kunst.